Hausaufgaben und Hausbesuche
Wie das Bildungszentrum Christiani in Wallbach die Corona-Zwangspause meistert und weiterhin unterrichtet.
BAD SÄCKINGEN-WALLBACH. Beinahe verwaist wirken die weiten Hallen des Bildungszentrums Christiani in Wallbach. Wo sonst 70 Teilnehmer für ihre Berufsabschlüsse lernen, kochen, malen und tischlern, sind derzeit nur die Ausbilder bei der Arbeit. Diese mussten sich einiges einfallen lassen, um in Zeiten der Corona-Krise einen Heimunterricht auf die Beine zu stellen.
Während der Online-Unterricht bereits für die allgemeinbildenden Schulen eine Herausforderung darstellt, gilt dies in besonderem Maße für das Bildungszentrum, dessen Teilnehmer auf einen geregelten Tagesablauf und Unterstützung angewiesen sind. Die Zielgruppe sind nämlich Jugendliche und junge Erwachsene, die lernbeeinträchtigt sind oder psychische Probleme haben. Sie werden dem Zentrum von der Agentur für Arbeit in Lörrach vermittelt, die auch die Kosten für die Ausbildung trägt. Die Teilnehmer im Alter von 17 bis 25 Jahren lernen in Wallbach Berufe in den Bereichen Holz und Farben, Küche und Hauswirtschaft sowie im kaufmännischen Bereich.
"Sie sind gut in der praktischen Arbeit, haben aber manchmal Schwierigkeiten mit der Theorie", erklärt Sozialpädagogin Katja Mülhaupt. Neben berufsvorbereitenden Maßnahmen bietet Christiani auch dreijährige Ausbildungsberufe. Die Teilnehmer besuchen die Gewerbeschule beziehungsweise die Hauswirtschaftlichen Schulen in Bad Säckingen, und den praktischen Teil ihrer Ausbildung durchlaufen sie nicht in einem Betrieb, sondern bei Christiani, wo sich vier Sozialpädagogen, je ein Psychologe und Bildungsbegleiter, zwei Lehrkräfte für allgemeinbildenden Unterricht und sieben Fachausbilder um die jungen Menschen kümmern und ihnen den Lehrstoff auf eine Weise vermitteln, die ihren Fähigkeiten entgegenkommt.
Dann müssen sie sich den Tag einteilen und die Arbeiten erledigen, die ihnen die Ausbilder zugewiesen haben. Und am Ende müssen sie die Ergebnisse per Foto dokumentieren. Zum Beispiel mussten die angehenden Köche ein Gericht kochen oder backen, die Schreiner ein Vogelhäuschen bauen und die Maler ein Schachbrett lackieren oder eine Wand streichen. "Gerade in dieser schwierigen Zeit zeigt sich, wie wichtig Schlüsselqualifikationen wie Selbständigkeit und Eigenverantwortung sind", sagt Mülhaupt. Und am Ende der Woche besprechen die Teilnehmer mit den Ausbildern, was gut gelaufen ist und wo Verbesserungsbedarf besteht.
Während die Schüler zu Hause arbeiten, ist das gesamte Team vor Ort, um für Fragen jederzeit telefonisch erreichbar zu sein – und oft rufen die Ausbilder von sich aus bei den Lehrlingen an. Weil auch die besten digitalen Medien den direkten Kontakt nicht ersetzen, machen die Ausbilder Hausbesuche.
Katja Mülhaupt zeigt sich erleichtert und glücklich, dass sowohl die Ausbilder als auch die Teilnehmer die schwierige Phase gemeistert haben – auch wenn alle die sozialen Kontakte vermisst haben. "Der einhellige Tenor ist daher: Wir wollen unsere Teilnehmer sobald wie möglich wieder hier haben."
Nächste Woche sollen die Berufsschulen teilweise geöffnet werden, und bei Christiani hofft man, in dieser Woche Klarheit über die weiteren Schritte zu bekommen. "Unsere Werkhallen sind groß, die erforderliche Distanz kann hier leicht eingehalten werden", so Mülhaupt.
[Quelle: badische-zeitung.de]